Was bleibt - Eine Ausstellung von Stefanie Grohs
Eine historische Fotografie in Schwarz/Weiß zeigt eine Dame neben einer Parkbank, ein anderes Bild ein sitzendes Paar auf einem Sessel. Auf einem weiteren Foto sind zwei turnende Frauen vor einer Sprossenwand zu sehen. Dass es sich um eben diese beschriebenen Personen handelt, ist jedoch nur zu erahnen. Wer sich auf die Spur der neuen Arbeiten von Stefanie Grohs begibt, findet nur Fragmente von alten Fotografien. Die Künstlerin lenkt den Blick ihres/ihrer Betrachter*innen mit Hilfe von Schablonen, die einst für partielle Abdeckungen in Foto-Ausbelichtungen verwendet wurden, durch gezieltes Abdecken bestimmter Bereiche auf ausgewählte Teile der historischen Fotografien. Grohs verwendet auch transparentes Trennpapier alter Fotoalben, was uns mit seinem Spinnennetzmuster unmittelbar an Omas Fotoalben erinnert. Hinter dem dünnen Papier scheinen die abgebildeten Personen zu verschwinden. Sie wählt wie so häufig das künstlerische Gestaltungsmittel der Collage. Diese und auch einige Readymades, verweisen in der Ausstellung Was bleibt auf das Thema des Andenkens oder auch Gedenkens, mit dem sich Grohs bereits in der Vergangenheit auseinandersetzte.
In der Serie Eine Nummer von vielen (2011) thematisiert die Künstlerin die Auslöschung von Identitäten zur Zeit des Holocaustes. Durch das mehrschichtige Übermalen von alten Fotos verbleiben schwebende, kopflose Körper, deren Gesichter durch eine verwischte Nummer ersetzt sind. Das Thema des Gedenkens führt sie im öffentlichen Raum mit ihrem Projekt Mitten unter uns (2015) fort und macht im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main auf die Existenz des KZ Außenlagers „Katzbach“ in den ehemaligen Adlerwerken aufmerksam.
Nun richtet Grohs, die in Frankfurt am Main lebt und arbeitet, ihren Blick losgelöst vom Holocaust auf das Gedenken an Vergangenes. Ihrem Prinzip treu bleibend, den Fundus für ihre künstlerischen Arbeiten mit Materialien vom Flohmarkt, aus Haushaltsauflösungen oder auch vom Sperrmüll zu gestalten, befinden sich neben Postkarten und Zeitschriften inzwischen auch einige Fotosammlungen in ihrem Besitz. Diese erzählen teils ganze Lebensgeschichten und haben die Künstlerin dazu veranlasst, sich mit ihren neuen Arbeiten der Frage zu widmen, was von einem Menschen bleibt.
Dame im Park 9,5 x 14,5 cm
Zwei Turnerinnen 9,5 x 14,5 cm
Mann am Wasser 9,5 x 14,5 cm
Paar mit Hund 8,6 x 13,7 cm Mann mit Kleinkind 6,3 x 8,9 cm Mann in Jacke 5,5 x 5,4 cm
Albumblatt mit junger Frau 31,3 x 23,8 cm
Albumblatt mit Eltern und vier Kindern 24,3 x 16,6 cm
Albumblatt mit zehn Fotoecken 24,3 x 16,6 cm
Auszüge aus der Eröffnungsrede von Vroni Schwegler:
„Das, worauf sie [Stefanie Grohs] zielt, ist kein wohliges, nostalgisches Schwelgen in der Vergangenheit. Im Gegenteil, es ist eher die Strategie der Verknappung und des Reduzierens, die ihre Arbeit stark macht und die uns zum Nachdenken oder zum eigenen Assoziieren bringt. Sie selbst spricht von einer Verführung, die von dem Material ausgeht, einer Lust, immer mehr und immer Weiteres zu kombinieren. Dieser Verführung erliegt sie aber längst nicht mehr, sondern sie weiß, ihre Mittel sparsam zu dosieren, um damit pointierte Reize zu setzen…
…Als sie [Stefanie Grohs] das sagte, hat mich ihr Archiv an ein großes extern gelagertes Gedächtnis erinnert in dem sie Erinnerungsstücke speichert. Wenn da etwas einfach nur abgelegt ist, gibt es keinen Zugriff auf sein Potential. Es wird verfügbar, wenn es verknüpft wird, wenn es verbunden wird und so arbeitet Steffi: Sie wählt aus dem vorhandenen Material Elemente aus, und lässt sie miteinander reagieren.“